S. Braunschweig: Die Geschichte der Rotkreuz Sektion Bern-Mittelland

Cover
Titel
Mut, Einsatz und Initiative. Die Geschichte der Rotkreuz Sektion Bern-Mittelland. Hrsg. vom Schweizerischen Roten Kreuz Bern-Mittelland


Autor(en)
Sabine, Braunschweig
Erschienen
Bern 2018: Rub Media
Anzahl Seiten
141 S.
von
Anina Eigenmann

Die Rotkreuz-Sektion Bern Mittelland feierte 2001 ihr 100-Jahr-Jubiläum. Ende 2017 schloss sie sich mit anderen regionalen Sektionen zum Schweizerischen Roten Kreuz Kanton Bern zusammen. Damit ging nach 116 Jahren ein Kapitel Organisationsgeschichte zu Ende. Das von Sabine Braunschweig verfasste Buch ist demnach keine Jubiläumsschrift, sondern ein Rückblick auf eine Organisation, die in dieser Form nicht mehr existiert. Es bietet einen klar gegliederten, reich bebilderten Überblick über die Tätigkeiten der Berner Rotkreuz-Sektion. Zusätzlich gibt es Einblicke in die strukturellen Entwicklungen der Organisation und Verweise auf die sich stets wandelnden Rahmenbedingungen.

Die Rotkreuz-Sektion Bern Mittelland unterlag in den mehr als hundert Jahren ihres Bestehens einem starken Wandel. Sie antwortete auf die jeweils aktuellen Problemlagen mit dem Ausbau verschiedener Tätigkeitsschwerpunkte. Damit einher gingen meist organisatorische Anpassungen. In welchem Ausmass externe Faktoren wie Krieg, Flüchtlingswellen, Wirtschaftskrisen und Krankheiten die Tätigkeiten und Organisationsstrukturen der Rotkreuz-Sektionen beeinflussten, wird schon aus dem Inhaltsverzeichnis ersichtlich: Die Gliederung des Textes in drei Teile orientiert sich am übergeordneten strukturellen Wandel (Ehrenamtlichkeit, professionelle Tätigkeiten, Kantonalisierung), während die Unterkapitel thematische Schwerpunkte, Rahmenbedingungen oder interne Umstrukturierungen aufnehmen.

Im ersten Teil, der die Zeit von der Gründung 1901 bis zum Zweiten Weltkrieg umfasst, werden die initiale Aufbauarbeit, die Bildung der mit dem Militär verbundenen Rotkreuz-Kolonnen und die Aktivitäten des Frauenkomitees unter anderem im Bereich der häuslichen Krankenpflege beschrieben. Die ersten fünf Jahrzehnte der Rotkreuz-Sektion Bern Mittelland waren geprägt von der wechselnden Ausrichtung der Tätigkeiten auf Kriegs- und Friedenszeiten. So wurde die Berner Sektion – wie auch die gesamtschweizerische Dachorganisation – bei Kriegsausbruch 1914 organisatorisch mit dem Armeestab verknüpft. Zudem initiierte sie eine Sammlung für die Angehörigen der eingezogenen Soldaten, die zu dieser Zeit noch keinen Erwerbsersatz bekamen. In der Zwischenkriegszeit wurde die Militarisierung grösstenteils rückgängig gemacht und vermehrt Aktionen zur Krankheitsprävention, zur Organisation der Krankenpflege und zur Hilfe für Not leidende Kinder initiiert. Die Freiwilligen organisierten sich nun weniger straff, und es entstanden viele verschiedene, teils nur kurzlebige Gruppen. Während des Zweiten Weltkriegs gewannen wiederum die Rotkreuz-Kolonnen, die Flüchtlingshilfe sowie Sammlungen und Dienstleistungen für Wehrmänner an Bedeutung.

Der zweite Teil umfasst die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. In der unmittelbaren Nachkriegszeit war die Hilfe für kriegstraumatisierte Kinder ein wichtiges Thema, vor allem für die weiblichen Freiwilligen. Ab den 1950er-Jahren bis 2006 wurde dann der Blutspendedienst zu einer der Hauptaufgaben der Rotkreuz-Sektion Bern Mittelland. Eine weitere thematische und strukturelle Neuerung war die Gründung des Berner Jugendrotkreuzes im Jahr 1958. Dank dieser Unterorganisation wurden Jugendliche früh in die Rotkreuz-Arbeit eingebunden. Bisweilen initiierten die Jugendlichen auch eigene Hilfsaktionen, so etwa in den 1960er-Jahren – in Zusammenarbeit mit der «Poliozentrale» – Carreisen für gelähmte und gebrechliche Menschen. Hier und in anderen Projekten der Sektion zeigte sich, wie präsent die Folgen der Kinderlähmung damals noch waren. Über die Jahre kamen weitere Tätigkeitsfelder hinzu, so etwa die Kurse für häusliche Pflege, die Entlastungs- und Hütedienste für Behinderte, Kranke und Kinder, die Flüchtlingsbetreuung, die Ergotherapie, die Altkleidersammlung und die Secondhandläden sowie schliesslich in den 1980er-Jahren dank technischen Innovationen der Rotkreuz-Notruf. Oft waren es Einzelpersonen, welche die Initiative für ein neues Projekt ergriffen – dementsprechend erhalten solche Persönlichkeiten in dieser Schrift viel Aufmerksamkeit. Die Diversifizierung der Tätigkeiten trieb die organisatorische Ausdifferenzierung und die Professionalisierung der Organisationsstrukturen voran. Bereits 1949 wurde für die neue Geschäftsstelle eine bezahlte Mitarbeiterin eingestellt.

Der dritte Teil beginnt mit dem 100-Jahr-Jubiläum, das die Rotkreuz-Sektion Bern Mittelland 2001 feiern konnte. Davon ausgehend werden die wichtigsten Entwicklungen noch einmal rekapituliert und anschliessend die Schritte nachvollzogen, die schliesslich zur Kantonalisierung 2017 geführt haben.

Der Autorin hat mit diesem Buch eine ansprechende, leicht zu lesende, klar strukturierte Geschichte der Rotkreuz-Sektion Bern Mittelland geschrieben. Immer wieder macht sie Verweise auf politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen, gleichzeitig sind lokale Persönlichkeiten im Text sehr präsent. Das Buch ist in erster Linie ein Beitrag zur Berner Lokalgeschichte, eignet sich aber auch für Leser und Leserinnen, die sich generell über die Tätigkeit einer lokalen oder regionalen Rotkreuz-Sektion informieren möchten.

Zitierweise:
Eigenmann, Anina: Rezension zu: Sabine, Braunschweig: Mut, Einsatz und Initiative. Die Geschichte der Rotkreuz Sektion Bern-Mittelland. Hrsg. vom Schweizerischen Roten Kreuz Bern-Mittelland. Bern 2018. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 83 Nr. 2, 2021, S. 70-71.

Redaktion
Autor(en)
Beiträger
Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 83 Nr. 2, 2021, S. 70-71.

Weitere Informationen